Die Studie – Interview mit Sara Seppelt
Die Studie – Interview mit Sara Seppelt

Die Studie – Interview mit Sara Seppelt

Hallo Sara, danke, dass du dich auf das Interview einlässt. Dein Buch “Die Studie” kommt am 15.07.2025 raus und ich habe das zum Anlass genommen, bei dir einfach mal ein paar Fragen abzuladen. Zum Buch, zu deiner Schreibmotivation aber auch zu dem, was wir noch von dir erwarten können. Aber jetzt viel Spaß mit den Fragen – du brauchst dich auch nicht kurzfassen 🙂

Vorab: Ganz lieben Dank für diesen wundervollen Interview-Fragebogen. Deine Fragen haben mich ganz schön herausgefordert und ich musste teilweise eine ganze Weile nachdenken, aber es hat auch großen Spaß gemacht, sie zu beantworten. Also – Danke dafür! 🤗

„Die Studie“ wirft einen intensiven Blick auf Machtverhältnisse in Beziehungen. Was war dein Auslöser, genau dieses Thema aufzugreifen?

Ich habe die Grundidee von Die Studie bereits vor Jahren entwickelt und in 2017 zum ersten Mal veröffentlicht (in der Neuveröffentlichung ist die Geschichte aber zu mindestens 95 % neu geschrieben 😉). Was genau damals der Auslöser für diese Idee war, weiß ich ehrlich gesagt nicht mehr.

Doch grundsätzlich finde ich das Thema Machtverhältnisse und toxische Beziehungen ziemlich spannend und hasse es, wenn Menschen dafür verurteilt werden, dass sie es (eine Zeit lang) nicht schaffen, sich daraus zu lösen. Dafür möchte ich sensibilisieren und aufzeigen, wie tief emotionale Abhängigkeit gehen kann. Sicher wird Die Studie nicht das letzte Buch sein, in dem ich mich diesem wichtigen Thema widme.

Die Grenzen zwischen Konsens, Manipulation und echter Nähe verschwimmen in deinem Buch. Wie hast du dich diesem sensiblen Spannungsfeld beim Schreiben genähert?

Das ist eine super spannende und wichtige Frage! Die Grenzen zwischen Manipulation und sexueller Gewalt können sehr schnell verschwimmen und mir ist extrem wichtig, nichts zu verherrlichen oder zu romantisieren. Ich möchte aufzeigen, wo die Unterschiede liegen, deutlich machen, wie schwer es sein kann, sich daraus zu lösen und wie wichtig es ist, nicht zu (ver-)urteilen.

Ich habe mich mit Menschen in meinem Umfeld unterhalten, die Erfahrungen mit toxischen Beziehungen haben oder sich mit der Thematik viel befasst haben. Außerdem habe ich viel recherchiert und auch meine persönlichen Erfahrungen mit toxischen Beziehungen einfließen lassen. Diese sind zum Glück nicht allzu umfangreich, aber doch so weit, dass ich verstehe, wie schnell man in so etwas hineingerät und wie schwierig es sein kann, sich aus dieser emotionalen Achterbahn wieder zu lösen.

Greta steckt in einem Vertrag fest, der ihre Freiheit beschneidet. Was würdest du Leser*innen mitgeben, die selbst das Gefühl haben, gefangen zu sein – in Beziehungen, Systemen oder Rollenbildern?

Jede Situation ist einzigartig und eine allgemeine Antwort auf diese sensible Frage ist sehr schwierig zu geben. Mir ist wichtig, vorab zu betonen, dass ich nicht urteile, nicht einfach sagen möchte “Ja, hol dir halt Hilfe”, denn so einfach ist es in der Praxis oft nicht, wie ich aus eigener Erfahrung weiß. Manchmal merkt man nicht einmal, dass man feststeckt.

Ich stand zweimal in meinem Leben vor weitreichenden Entscheidungen. Beide Male waren es Entscheidungen zwischen meinem alten Ich, das sich gefangen gefühlt hat, und einem neuen Ich, das damit leben musste, dass der Großteil der Menschen in meinem Umfeld nicht gutheißen werden, was ich verändern möchte. Beide Male habe ich lange mit mir gerungen und gekämpft und mich am Ende dafür entschieden, meinen eigenen Weg zu gehen. Und das hat sich so dermaßen gelohnt! Ich wäre heute nicht da, wo ich bin, hätte ich mich nicht getraut, einen neuen Weg einzuschlagen.

Daher möchte ich Menschen in solchen Situationen sehr gerne Mut machen:
Ich möchte dir sagen, du hast nur dieses eine Leben. Und dein Leben ist definitiv dein kostbarster Schatz. Daher: Lebe dein Leben nicht so, wie andere es von dir erwarten – sondern so, wie du es leben möchtest. Habe den Mut, für dich einzustehen, für das, was du möchtest. Für deine Wünsche und deine Lebensziele. Ich weiß, dass das verdammt schwer sein kann. Wenn du es allein nicht schaffst, suche dir Menschen, die dich dabei unterstützen, die dich supporten. Ich wünsche dir von Herzen alles Gute!

Elijah scheint der Ruhepol in Gretas Chaos zu sein – und gleichzeitig ein Risiko. Was bedeutet dir diese Figur persönlich?

Elijah steht für mich sinnbildlich dafür, wie Männer sein sollten. Toxische Männlichkeit ist ein großes Problem in unserer Gesellschaft. – Mit Elijah wollte ich eine Figur schaffen, die dieses Problem sieht – als Mann! – und aktiv dagegen arbeitet. Er ist sicher nicht perfekt, aber er gibt sein Bestes.

Auch wenn manche Menschen behaupten würden, dass es Männer wie Elijah nicht gibt, so bin ich anderer Meinung. Sie sind selten, definitiv, aber sie existieren (*sagte sie und schielte zu ihrem Ehemann hinüber*). Und vor allem sollten sich andere Männer ein Beispiel nehmen. 😉 Es ist nicht sinnvoll, Perfektion anzustreben, doch sich in einem ersten Schritt darüber bewusst zu werden, dass toxische Männlichkeit jeden von uns in irgendeiner Form beeinflusst, ist ein guter Anfang.

Du hast geschrieben, dass du keine Stereotypen bedienen möchtest. Wie findest du deine Figuren – und wie vermeidest du, dass sie in bekannte Klischees abrutschen?

Gar keine Stereotypen zu bedienen halte ich tatsächlich sogar für unmöglich. Aber ich gebe mir Mühe, meine Bücher nicht damit vollzupacken und einfach stumpf jedes Klischee zu bedienen. Wenn mir (oder meiner Lektorin 😂) ein Klischee auffällt, das sich aber gut in meine Geschichte einfügen würde, dann versuche ich es abzuwandeln und aus einer neuen Perspektive zu betrachten.

Meist entwickeln sich Figuren bei mir so: Ich habe eine bestimmte Szene, ein Problem, ein Thema oder ähnliches im Kopf, das ich aufgreifen möchte. Dann überlege ich, wieso ist das ein Problem für die Figur? Wie kommt die Figur damit in Berührung? Wieso ist die Figur wie sie ist? Welche Hintergründe, Charaktereigenschaften braucht es, damit alles glaubhaft ist?

Authentizität ist mir ganz besonders wichtig. Wenn Klischee, dann glaubhaft und so natürlich wie möglich. Ich mag keine an den Haaren herbeigezogenen Konflikte. 🤭

Viele Leser*innen schätzen deine feministische Haltung und die respektvolle Auseinandersetzung mit Themen wie Religion, Diversität und Umwelt. Wie findest du dabei die Balance zwischen Botschaft und Unterhaltung?

Egal bei welchem Thema, mir ist immer wichtig, nicht mit dem erhobenen Zeigefinger da zu stehen und als Moralapostel rüberzukommen. Ich habe meine Überzeugungen – sicher! Aber genauso wie ich über persönliche Erfahrungen, Gespräche, Bücher, Weiterbildungen etc. zu meinen Überzeugungen gelangt bin, können andere Menschen zu ganz anderen Überzeugungen gelangen. Das möchte ich stets respektieren, wenn ich auch nicht alles gut finde.

Deshalb ist mir wichtig, “meine” Themen organisch einzubinden. Ich habe Figuren mit gewissen Überzeugungen, aber ebenso auch Figuren mit anderen Überzeugungen. Ich möchte, dass Leser:innen nicht denken “Aha, die Autorin denkt also, dass …” sondern “Charakter X hat diese Überzeugung und Charakter Y hat jene Überzeugung”.

Das heißt, ich binde “meine” Themen so natürlich wie möglich ein, versuche “Botschaft” nur da einzuflechten, wo es wirklich zur Handlung passt.

Du schreibst Contemporary Romance mit Spice und Suspense – was macht für dich eine gute spicy Szene aus, ohne dass sie sich „drüber“ anfühlt?

Ich finde, guter Spice fügt sich organisch in die Geschichte ein und passt einfach dazu. Sowohl in der Wortwahl, als auch in der Häufigkeit und Intensität. “Drüber” fühlen sich spicy Szenen für mich oft dann an, wenn sie eigentlich nicht zu den Figuren passen. Oder wenn Worte gewählt werden, die in der Realität (so gut wie) niemand verwenden würde. Ich möchte nicht die Königin der Synonyme für intime Körperteile werden, sondern mithilfe von Emotionen dieses kleine, feine Prickeln auslösen, dass wir doch alle so lieben, wenn wir spicy Szenen lesen. 😇

Hinweis: Der Suspense Anteil ist tatsächlich eher nebensächlich in meinen Büchern und kommt auch nicht in jedem Buch vor. Ich schreibe keine Thriller, ich mag es einfach nur, hin und wieder etwas Spannung “von außen” reinzubringen 😉

Dein Schreibstil ist direkt, emotional und oft unbequem ehrlich. Wie gehst du selbst mit der emotionalen Wucht deiner Geschichten um?

Ganz ehrlich? – Es kommt nicht selten vor, dass ich vor oder nach dem Schreiben von besonders emotionalen oder aufwühlenden Szenen selbst ziemlich aufgewühlt bin. Ich kann dann gelegentlich nicht gut schlafen oder denke noch lange darüber nach. Oft rede ich dann mit meinem Mann darüber oder lasse eben einfach zu, dass mich das mitnimmt. Auch diese Szenen gehören zu meinen Geschichten. Und hätte ich selbst zu viel emotionalen Abstand dazu, könnte ich sie vielleicht auch nicht so gut schreiben.

Und zum Schluss: Was dürfen wir als nächstes von dir erwarten – arbeitest du schon an einem neuen Herzensprojekt?

Ich geh’ mal kurz weinen. Oder lachen. Oder beides? 😂 – Ich wünschte, ich hätte einen Klon, damit ich all das schreiben könnte, was mir im Kopf herumschwirrt.

Nach Die Studie folgt einen Monat später die Fortsetzungs-Novelle, die ich direkt im Anschluss geschrieben habe. Mir war einfach danach, Greta und Elijah noch ein paar schöne Tage zu schenken, nach der ganzen emotionalen Achterbahn. Es wird definitiv spicy und romantisch. 🤗

Aktuell arbeite ich an Elijahs Perspektive zu Die Studie. Ich habe lange hin und her überlegt, ob ich das wirklich schreiben möchte und habe trotzdem nicht bedacht, wie schwer es sein wird, ihm erneut das Herz zu brechen. 💔 – Und doch LIEBE ich es, in seine Gedanken einzutauchen. Zu beschreiben, wie er sich verliebt, ist einfach nur schön. Auch die Lücken zu füllen, das, was ich mir beim Schreiben von Die Studie nur vorgestellt habe, macht großen Spaß.

Aber da ist auch noch eine spicy RomCom mit dem Arbeitstitel Ausgeduscht, die in meiner Schublade darauf wartet, fertiggestellt zu werden. 😉

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